Homöopathie in der Tierheilkunde*
Trächtigkeit und Geburt homöopathisch begleitet
Neben regelmäßigem Auslauf der Zuchthündin und der besonders sorgfältigen
Zusammenstellung einer speziellen Ernährung der trächtigen Hündin wird der
homöopathisch interessierte Züchter in Vorbereitung dieses freudigen Ereignisses
auch einige homöopathische Mittel bereithalten, um für eine möglichst
komplikationsfreie Trächtigkeit und reibungslose Geburt zu sorgen.
Präventivmaßnahmen
bei vorangegangene Fehlgeburten:
Viburnum opulis D30 (Schneeball)
In den ersten 2 Schwangerschaftswochen gegeben, schützt es vor Fehlgeburten.
Speziell für die Hündin, die bereits einen Abort hatte.
bei vorangegangene Schwergeburten:
Caulophyllum D30 (Frauenwurz/Blauer Hahnenfuß)
Ähnelt in seiner Wirkung dem in der Neurohypophyse (Hinterlappen der
Hirnanhangsdrüse) gebildeten Hormon Oxytocin, das die Wehen auslöst.
Caulophyllum wird daher auch "das homöo-pathische Wehenmittel" genannt. Wirkt
auf die schwache glatte Gebärmuttermuskulatur, öffnet den Muttermund und sorgt
für einen normalen Schwangerschaftsverlauf. Unterstützt das Ausstoßen einer
zurückgehaltenen Plazenta, verhindert Uterusblutungen.
1. während der Trächtigkeit: 1 Gabe alle 2 Wochen, die letzte Dosis am Vortage
der Geburt
2. Komplikationen während des Geburtsvorganges: mehrere Gaben halbstündlich
Wurfvorbereitung
Pulsatilla D6 (Küchen-/Kuhschelle)
Ab der 6. Trächtigkeitswoche täglich 1 Dosis. Steuert einer Unterfunktion der
Eierstöcke entgegen, verhindert eventuelle Fehllage des Fötus und beugt einer
Wehenschwäche vor. Pulsatilla hat großen Einfluß auf die Schleimhäute und wirkt
daher positiv auf eine zurückgehaltene Plazenta. Mit Pulsatilla sollte die
Geburt komplikationsfrei verlaufen und einen Kaiserschnitt unnötig machen.
Arnica D30 (Arnika)
Das Operations-/Geburtsvor- und Nachbereitungsmittel der 1. Wahl! Fördert die
Wundheilung und verhindert Nachblutungen.
In der letzten Trächtigkeitswoche 2 Gaben als Geburtsvorbereitung erleichtert
die Geburt. Verhindert, daß das Gewebe während der Geburt zerstört wird.
Droht ein Frühabort durch einen Unfall oder Stoß, so wird Arnica D2 (Dilution),
10 Tropfen alle 1/2 Stunde, die Gefahr abwenden.
Geburtsbeginn
Liegt kein Geburtshindernis vor, die Welpen erscheinen jedoch in zu langen
Abständen, läßt sich die Wehentätigkeit durch 1/2stündliche Gaben von Cimicifuga
rac. D6 (Wanzenkraut) aktivieren. Wirkt hauptsächlich auf die weiblichen
Geschlechtsorgane und das Nervensystem, beeinflußt die Gebärmutterkontraktionen
während der Geburt.
Sollte die Geburt dennoch nicht richtig in Gang kommen: die Hündin hat
regelmäßige Wehen, sie hat anfangs gepreßt und dann langsam aufgehört, es
erscheint jedoch noch immer kein Welpe im Geburtskanal, dann liegt eine
Wehenschwäche vor:
Wehenschwäche:
Zur Förderung der erneuten Wehentätigkeit geben wir in 1/4stündlichem Wechsel:
Caulophyllum D6 (Frauenwurz), s.
oben, und Secale cornutum D6 (Mutterkorn),
das die glatte Muskulatur der Gebärmutter stark kontrahieren läßt.
Sofern keine anatomischen und/oder physiologischen Geburtshindernisse vorhanden
sind, dürfte die Geburt jetzt vorangehen. Andernfalls jetzt den Tierarzt rufen!
Ist man sich nicht sicher, ob noch ein Welpe in den Uterushörnern verblieben
ist, gibt man in 1/2stündlichem Abstand Cimicifuga D6
(Wanzenkraut), jedoch nur insgesamt 5x. Hierdurch wird ein
erneutes Pressen der Hündin ausgelöst und eventuell noch nicht geworfene Welpen
erscheinen im Geburtskanal.
Nachsorge:
1 Gabe Sepia off. D30 (Tintenfisch, Sepia)
nach der Geburt sorgt dafür, daß kein Gebärmutter-vorfall entsteht und sich der
Uterus schnell wieder strafft.
Der Hündin gibt man bis zum Ende des Lochienflusses einige Tage lang 3 x täglich
Arnica D6, damit sie sich rascher
von den Strapazen der Geburt erholt, und die Geburtswege sich schneller
zurückbilden.
Dauerte die Geburt äußerst lange, ist die Hündin sehr geschwächt und hat sehr
viel Körperflüssigkeit verloren, geben wir China C30
(Chinarindenbaum) 1 x täglich. China hilft bei großer
Schwäche nach starken Flüssigkeitsverlusten (wie Blutungen, Durchfällen etc.),
Erschöpfung, Schläfrigkeit. Wärme bessert, Kält verschlechtert.
Komplikationen, die nach der Geburt auftreten könnten:
Milchmangel
Ist keine Milch in die Zitzen eingeschossen, hilft eine einmalige Dosis von
Urtica urens D1 oder D6 (Brennessel),
um die Milchproduktion anzuregen.
Milchüberschuß
hat die Hündin zuviel Milch, die nicht abgesaugt werden kann, was eventuell zu
einer Mastitis (=Gesäugeentzündung) führen könnte, verabreicht man ihr
Urtica urens C30 alle 6 Stunden (auch
nachts!), wirkt drosselnd auf die Milchproduktion beim säugenden Tier.
Urtica urens wirkt auf die Haut, Nieren und Brustdrüsen. In tiefen Potenzen (bis
zur Urtinktur) fördert es die Milchproduktion und hat diuretische Wirkung
(=erhöhte Harnausscheidung), in hohen Potenzen (ab C30) stoppt es den Milchfluß.
Eklampsie (=Laktationstetanie)
Betroffen sind meist erstgebärende Hündinnen kleiner Rassen mit großen Würfen
und viel Milch. Eklampsie kann schon während oder sofort nach der Geburt
auftreten, meist jedoch 10 bis 14 Tage oder noch Wochen danach. Auslöser ist ein
Anstieg des Kalzium- und Magnesiumspiegels in der Milch. Ursache eine Störung
des Kalzium- und Magnesiumstoffwechsels verbunden mit einer Unterfunktion der
Nebenschilddrüsen, die Parathormon produzieren, welches zusammen mit Kalzitonin
und Vitamin D den Kalzium-/Phosphathaushalt des Körpers reguliert. Parathormon
wirkt als Gegenspieler des Kalzitonins und fördert die Kalziumaufnahme im Darm
und die vermehrte Phosphatausscheidung über die Niere. Es setzt Kalzium und
Phosphat aus dem Knochen frei. Durch Unterfunktion der Nebenschilddrüsen kommt
es zu einer Verminderung des Kalziumblutspiegels, was wiederum zur
Übererregbarkeit des Nervensystems und in der Folge zu Krämpfen (=Tetanie)
führt.
Erste Anzeichen sind Nervösität, dann Versteifung der Beinmuskulatur bis zu
Muskelzittern, schließlich wird das zentrale Nervensystem in Mitleidenschaft
gezogen (groteske Kopfhaltung).
Nach Injektion einer Kalziumlösung (intravenös/subkutan) klingen die Symptome
wieder ab. Zur Vorbeugung gibt man der Hündin am Tage nach der Geburt
Calcium phosphoricum D30. Bewährt haben
sich ebenfalls ab der 2. Trächtigkeitshälfte: täglich ½ TL
Calcium Carbonat (Apotheke) oder ein gutes
Mineralstoffpräparat als Futterzusatz. Hatte die Hündin bereits Eklampsie, gibt
man vorbeugend Calc. Phos. D30 1 x wöchentlich ab dem 2. Trächtigkeitsmonat.
Entzündung des Gesäuges (=Mastitis)
Nach der Geburt könnten sich eine oder mehrere Brustdrüsen entzünden, das
Gesäuge zeigt die klassischen Entzündungszeichen: Rötung, Hitze, Schwellung,
Berührungsempfindlichkeit, die Hündin hat Fieber, leidet unter Schmerzen und
wird apathisch. Die Milch verkäst. Hier helfen:
Aconitum napellus D12 (Blauer Eisenhut)
Für das Anfangsstadium einer Krankheit, "nimmt der Krankheit die Spitze". Die
Krankheit setzt plötzlich ein und nimmt einen stürmischen Verlauf.
Belladonna D6 oder D30 (Tollkirsche)
Stündliche Gaben. Leitsymptome: geweitete Pupillen und heiße, gespannte
Brustdrüsen. Gutes Folgemittel von Aconit, jedoch nicht gemeinsam verabreichen!
Bell. hilft während der Krise.
Apis mellifica D3 oder D30 (Honigbiene)
Sollte die Infektion auf das umliegende Gewebe übergreifen und ödematös
(=Wasseransammlung im Gewebe >Schwellung) werden, die erkrankten Tiere auch bei
Fieber keinen Durst zeigen: im stündlichen Wechsel mit Bell.
Bryonia alba D6 - D30 (Zaunrübe)
Wenn die Brustdrüse auffallend hart, schmerzhaft und gerötet ist, alle 2
Stunden. Leitsymptome: Bewegung verschlimmert, das kranke Tier verhält sich
auffallend ruhig, Druck auf die erkrankte Drüse bessert (=Tiere liegen auf
kranker Seite).
Hepar sulfuris D6 - D200 (Kalkschwefelleber)
Wenn sich bereits ein Abzeß bildet, eröffnet Hepar diesen und läßt den Eiter
abfließen Hepar ist das ideale Mittel bei eitrigen Prozessen, das Tier reagiert
äußerst empfindlich auf Druckschmerz. Tiefpotenzen mehrmals gegeben fördern die
Eiterbildung des Abzesses bis zur Reifung, Hochpotenzen ab D200 lassen den Abzeß
aufplatzen und leiten den Heilungsprozeß ein.
Silicea D12 (Kieselsäure)
Das Mittel der Wahl nach eitrigen Prozessen, zur Ausheilung 3 x täglich einige
Tage lang. Mit Calendula-Umschlägen (1 TL auf 1 Glas abgekochtes Wasser) kann
man den Heilungsprozeß unterstützen.
Darreichung: sofern nicht anders angegeben Tabletten (zwischen 2 TL zerreiben)
oder Globuli auf oder unter die Zunge des Tieres
Nachfolgend sind allgemeine Dosierungsrichtlinien aufgelistet. Der Homöopath
oder Heilpraktiker wird im
Einzelfall andere Dosierungen und Potenzen wählen.
Tier | Dilution (Tropfen) | Globuli |
Welpen, Zwergrassen | 1-2 Tropfen | 1-2 Globuli |
Ausgewachsene, mittelgroße Hunde | 3-5 Tropfen | 3-5 Globuli |
Ausgewachsene große Hunde | 5-8 Tropfen | 5-8 Globuli |
Dosierung (grobe Richtlinie, im konkreten Fall andere Dosierungen angebracht)
Potenz | Häufigkeit |
Bis D8 | 3- bis 4-mal täglich |
D9 bis D12 | 1-bis 2-mal täglich |
D30 | 1-mal wöchentlich |
Die Häufigkeit der Mittelgaben wird reduziert, sobald sich die Beschwerden
bessern.
Verabreichung, Zeitpunkt
Die beste Wirkung zeigt ein homöopathisches Mittel, wenn es über die
Mundschleimhaut aufgenommen und vor
dem Fressen oder zwischen den Mahlzeiten gegeben wird. Daher sollten die Mittel
nicht mit Wurst gegeben oder
ins Futter gemischt werden. Die "süßen" Globuli werden von den einigen Tieren
direkt von der Hand geleckt. Leichter ist es, die Globuli hinten in die
Wangentasche zu stecken (zwischen Zähne und Wange/Lippen). Dilutionen sind
insgesamt schwieriger zu verabreichen, weil die Tiere die Tropfen aufgrund des
Alkoholgehaltes ablehnen.
Die Erstreaktion
In seltenen Fällen kann es nach der Gabe eines homöopathischen Mittels zu einer
Erstreaktion kommen, in der
Literatur findet man auch den Begriff der Erstverschlimmerung. Hierbei kann es
zu einer leichten
Verschlimmerung der Symptome kommen. In der Regel ist das unbedenklich, zeigt,
dass der Körper auf das
homöopathische Mittel reagiert und hört ohne weitere Behandlung rasch wieder
auf. Hält die Reaktion länger an,
muss das Mittel abgesetzt und gegebenenfalls durch ein anderes ersetzt werden.
Bei Tieren, die sehr empfindlich auf homöopathische Mittel ansprechen,
verringert man die Dosis.
Literaturangaben:
Wolff, H.G.: Unsere Hunde gesund durch Homöopathie, Regensburg: Sonntag, 1985.
Macleod, G.: DOGS: Homeopathic Remedies, Saffron Walden, U.K.: Daniel Co., 89.
Fleig, Dr. D.: Die Technik der Hundezucht, Mürlenbach: Kynos, 1992.
Treben, Dr. A.: Homöopathische Hausapotheke für meinen Hund, München: Heyne,
1993.
Hahnemann, S.: Reine Arzneimittellehre, Band 1, Heidelberg: Haug, 1995.
DHU: Homöopathisches Repetitorium, Karlsruhe, Deutsche Homöopathie-Union, 1999.
Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, Berlin: de Gruyter, 1998.
*s. auch KTR Reporter 1/99 "Homöopathie in der Tierheilkunde, eine Einführung"